Kernaufgaben des Religionsunterrichts

Als Kernaufgaben des schulischen Religionsunterrichts lassen sich insofern folgende Punkte nennen:

Vermittlung von strukturiertem und lebensbedeutsamem Grundwissen über den katholischen Glauben und andere Konfessionen und Religionen

Zum Grundwissen, das im katholischen Religionsunterricht vermittelt wird, gehören Kenntnisse der biblischen Botschaft, die Aussagen des Glaubensbekenntnisses, das christliche Verständnis der Menschenwürde und die daraus abgeleiteten sittlichen Gebote, Grunddaten der Kirchengeschichte und Kenntnisse des kirchlichen Lebens. Zum Grundwissen gehören ferner Kenntnisse anderer Konfessionen und Religionen, insbesondere der beiden anderen monotheistischen Religionen, des Judentums und des Islam. Die Vermittlung des Grundwissens erfolgt im Dialog mit den Fragen und Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler, mit dem Wissen und den Erkenntnissen anderer Fächer sowie mit den Positionen anderer Konfessionen, Religionen und Weltanschauungen. Mit dem religiösen Grundwissen erschließt der Religionsunterricht gleichzeitig den christlichen Hintergrund unserer europäischen Kultur. Ohne die Kenntnis der biblischen Geschichten, der großen Gestalten und Kontroversen der Kirchengeschichte oder der Symbole des Glaubens sind weder unsere Alltagskultur (z.B. Sieben-Tage-Woche, Feiertage und Feste, Stadtbilder) noch die Grundwerte unseres politischen Zusammenlebens (Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit) noch Literatur und Kunst zu verstehen. So soll der Religionsunterricht es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, die religiöse Prägung unserer Welt zu erkennen und zu deuten.

Die Frage nach dem Menschen und nach Gott

Unsere moderne Welt erscheint uns oft als sehr sicher und behütet. Themen wie Krankheit, Leid, Angst und Tod spielen für die meisten Jugendlichen kaum noch eine Rolle, da sie so gut wie nicht im öffentlichen Leben präsent sind. Doch es sind eben jene Erfahrungen unserer eigenen Grenzen, die einen wesentlichen Teil unseres gemeinsamen Menschseins ausmachen und es wäre im Sinne einer guten Erziehung unverantwortlich, dies nicht im Unterricht zur Sprache zu bringen. Durch die Beschäftigung mit solchen Grenzerfahrungen und mit menschlichen Grundsituationen und -empfindungen wie Hoffnung, Liebe, Freundschaft, Verantwortung und Gebet kann der Religionsunterricht wie kein zweites Fach ein großes Stück dazu beitragen, dass die menschliche Antwort auf solche Erfahrungen und Situationen nicht unreflektiert und pauschal ausfällt und dass die Schülerinnen und Schüler eine Hilfestellung erhalten, wie sie ihr eigenes Leben gut bewältigen können. Der Religionsunterricht beleuchtet dabei auch die religiöse Dimension dieser Erfahrungen und reflektiert auf deren Grundlage die Beziehung zwischen Gott und Mensch.

Mensch und Gesellschaft

Unsere pluralistische Gesellschaft ist ein hoch komplexes Gebilde, welches eine Vielzahl von Möglichkeiten und Lebensentwürfen für den Einzelnen bereithält. Bei all dem Positiven, das man über unser heutiges Zusammenleben sagen kann, finden sich jedoch auch Tendenzen, die ein gutes Leben oft unmöglich machen (z.B. unablässiger Leistungsdruck mit seinen Folgen, Ellbogengesellschaft, Selbstbedienungsmentalität ohne Rücksicht auf die Konsequenzen für andere, zunehmende Anonymisierung im Onlinezeitalter, etc.): es muss daher die Aufgabe des Religionsunterrichts sein diese Tendenzen immer wieder aktuell anzusprechen und zu reflektieren. Auf der Grundlage eines von der Ebenbildlichkeit Gottes ausgehenden Menschenbildes sollen Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht dazu ermutigt werden, ihren eigenen Lebensentwurf zu entwerfen sowie sich kritisch, verantwortlich und konstruktiv mit der Gesellschaft auseinanderzusetzen.

Förderung religiöser Dialog- und Urteilsfähigkeit

Zur freien Entscheidung in religiösen und ethischen Fragen gehört die Fähigkeit zur rationalen Verantwortung der eigenen Glaubensentscheidung und zur argumentativen Auseinandersetzung mit anderen religiösen und ethischen, insbesondere religionskritischen, Positionen. Einander aufmerksam zuhören, den Anderen respektieren, Argumente zusammenstellen und gewichten, Übereinstimmungen und Unterschiede feststellen und die eigene Meinung argumentativ überprüfen sind grundlegende Fähigkeiten, die im katholischen Religionsunterricht erworben werden können. Damit fördert er die Entwicklung einer starken Toleranz, die die Überzeugung des anderen wie die eigene ernst nimmt. Gesprächsfähigkeit und Toleranz sind unverzichtbare Voraussetzungen für das Zusammenleben und die Verständigung mit Menschen unterschiedlicher religiöser oder säkularer Überzeugungen.